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Arselle oder Vongole veraci?

Arselle oder Vongole veraci – diese Frage stellt sich eigentlich nur in Sardinien und Ligurien. Denn in den meisten Regionen Italiens meinet man mit dem Begriff Arselle die Muschelorte Tellina (Donax trunculus). Aber in Sardinien und auch in Ligurien ist das anders. Hier meint man mit Arselle die Muscheln der einheimischen Venusmuschel-Sorte Vongola verace mediterranea (Venerupis bzw. Tapes decussata). Wenn man in Sardinien Arselle hört oder ließt (etwa auf einer Speisekarte), dann sind die einheimische großen Venusmuscheln gemeint.

Es kann also schon leicht zur Verwirrung kommen, weil der Name Arselle nur regional begrenzt für die Vongole veraci verwendet wird und ansonsten für eine andere Muschelart steht. Aber das ist nicht der einzige Grund. Diese Verwirrung wird noch dadurch verstärkt, dass die Muscheln, die heute in den beliebten sardischen Gerichten Spaghetti alle Arselle und Fregola alle Arselle (Minestra e‘ coccciula) oder Suppa di Arselle e Cozze verwendet werden, fast nie mehr die der einheimische Sorte Tapes decussatus, sondern die der aus Asien eingeführten Sorte Tapes philippinarum sind.

Das liegt daran, dass die einheimischen Vongole nicht so einfach zu züchten sind wie die aus Asien eingeführte Sorte, die der einheimischen recht ähnlich ist. Deshalb wird zur Muschelzucht (mittlerweile auch in Sardinien) die asiatische Variante verwendet. Die Vongola filippina wird schon seit Anfang der Achziger-Jahre des letzten Jahrhunderts in der oberen Adria in Aquakulturen gezüchtet. Sie hat die ursprünglich im Mittelmeer verbreitete Sorte weit gehend vom Markt verdrängt. Es gibt letztere allerdings auch noch und vor allem ist die Bezeichnung Arselle in Sardinien nicht verschwunden. So kommt es öfters zu der Frage: Arselle oder Vongole?

Arselle oder Vongole veraci? – eigentlich eine falsche Frage

Arselle sind also (zumindest in Sardinien und Ligurien) Vongole veraci – aber eben die einheimische Sorte. Da diese heute nicht mehr oft verwendet wird, dürfte man eigentlich auf den Speisekarten in Sardinien den Begriff Arselle nicht mehr oft finden. Aber das Leben ist nicht immer logisch und konsequent. Wenn auf der Karte Spaghetti alle Arselle steht, sind ziemlich sicher keine echten Arselle darin, sondern Vongole veraci der Sorte Tapes philippinarum.

Das ist allerdings nicht weiter tragisch. Denn das Arselle-Gericht wird in der Regel auch mit den „falschen“ Vongole sehr gut schmecken. Zwar sind die echten Arselle bei einheimischen Feinschmeckern weiterhin beliebt, weil sie ihrer Meinung nach noch ein wenig besser schmecken als die Vongole der asiatischen Schwester-Sorte. Aber die Unterschiede sind nicht wirklich groß.

Zum Glück ist die asiatische Variante nicht im biologischen Sinne invasiv. Sie verdrängt die einheimische Variante nicht. Sie wird einfach nur immer öfter in Aquakulturen gezüchtet. Die einheimischen Sorte wird vor allem in den seichten und sandigen Lagunen-Regionen der Insel gesammelt. Berühmt für die echten Arselle ist zum Beispiel der Fischerort Marceddì an der Westküste.

Arselle oder Vongole, das ist oft die Frage
„Echte“ Arselle. Die Venerupis decussata, die einheimische Sorte der Vongole veraci ist heller und weniger gemasert als die philippinische Variante (s. Beitragsbild).

Deshalb findet man die man die echten Arselle manchmal noch beim Fischhändler auf Sardinien. Sie sind daran zu erkenne, dass sie heller sind als die asiatische Sorte und dass die beiden Röhrchen mit denen sie das Wasser filtern, nicht so weit aneinander gewachsen sind wie bei den „falschen“ Vongole veraci. Aber selbst in den küstennahen Orten und sogar im Mercato di San Benedetto in Cagliari sind sie rar geworden. Und wenn sie neben den Tapes philippinarum angeboten werden, sind sie deutlich teurer als diese. Zuhause bei den deutschen, österreichischen oder schweizerischen Fischhändlern, die Venusmuscheln anbieten, gibt es sowieso nur die philippinische Art der Vongole veraci zu kaufen.

Text: Hans-Peter Bröckerhoff

Fotos: Hans-Peter Bröckerhoff, Wikipidia

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