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Besuch im Weingut Fradiles – Cousins auf Erfolgskurs

Paolo Savoldo ist voll in seinem Element, als ich unangemeldet an die Tür der Kellerei im Weingut Fradiles klopfe. Er veranstaltet gerade eine Kellerprobe, zu der ich sofort eingeladen werde. Mit den Gläsern in der Hand wandern wir vom Fasslager zu den Stahltanks und zurück, probieren immer wieder, diskutieren, bewerten. Paolo lässt uns von noch nicht abfüllreifen Weinen kosten und kreiert spontan einen neuen Cuvée aus verschiedenen Fässern – direkt im Glas. So, durch das Ausprobieren verschiedener Mischungsverhältnisse bei Kellerproben, seien schon neue Weinkreationen entstanden, die heute internationale Preise bekommen, erzählt der Winzer. Und klettert dabei mit seiner Wein-Pipette auf die Fässer, um an die verschiedenen Grundweine zu gelangen.

Blick vom Weingut Fradiles Richtung Gennargentu

Das Weingut Fradiles liegt vor den Toren des kleinen Dorfes Atzara mitten in den Weinbergen des noch viel zu wenig bekannten sardischen Weinanbaugebiets Mandrolisai. Der Selfmade-Winzer Paolo Salvoldo bewirtschaftet dort zusammen mit seinem Cousin Antonio Marras rund zehn Hektar Weinberge, die auf einer Höhe zwischen 500 und 700 Metern liegen. Die Jahresproduktion der Cantina liegt mittlerweile bei gut 40.000 Flaschen.

Beim Weingut Fradiles erzählt schon der Name eine Geschichte

Eine Besonderheit des Weinguts spiegelt sich schon im Namen Fradiles wider. Der bedeutet nämlich Cousins und wurde deshalb gewählt, weil hier verschiedene Familien-Weinberge zusammengelegt wurden, damit sie gemeinsam bewirtschaftet werden können. So wollten die Cousins mit der Gründung der Cantina Fradiles 2004 von der familiären zur professionellen Weinherstellung übergehen, was ihnen auch hervorragend gelungen ist.

Mein erster Besuch im Weingut Fradiles liegt schon acht Jahre zurück. Schon damals hat mich Paolo Savoldo sehr beeindruckt. Er ist Autodidakt, lässt sich aber auch professionell beraten. Er besticht durch seine sympathisch-bescheidene, fast schüchtern wirkende Persönlichkeit, ist sich aber des außerordentlichen Erfolgs seiner Arbeit durchaus bewusst. Das Wein-Machen ist sein Metier. „Ich bin am liebsten im Weinberg und im Keller“, sagte er mir bei einer meiner Besuche in der Cantina. Aber dennoch sieht man ihn immer wieder auf Veranstaltungen und bei Degustationen, wo er seine Weine dem Publikum vorstellt. Denn er weiß um die Bedeutung einer guten Vermarktung für den Erfolg der Weine.

Und Erfolg haben diese wahrlich. Die Cantina Fradiles räumt seit Jahren bei den Weinprämierungen ab. 2022 gab es wieder einen wahren Medaillen-Regen (siehe Bildergalerie). Eine Auszeichnung ist dabei in doppelter Hinsicht bemerkenswert, nämlich die für den Rotwein FRADILES Mandrolisai DOC. Er bekam in der Ausgabe 2023 des Weinführers Gambero Rosso nicht nur die höchste Anerkennung, die „Tre Bicchieri“ (drei Gläser), sondern gehörte auch noch zu den sehr wenigen Weinen, die diese Höchstbewertung bekommen haben und zugleich weniger als 15 € kosten. Und auch der Superstart des recht neuen Spitzenweins Memorias Creccherie ist erwähnenswert, weil dieser Wein gleich fünf Spitzenbewertungen erzielt hat.

Auf den Weinbergen der Cantina Fradiles stehen vor allem Reben der drei roten Sorten Muristellu (Bovale Sardo), Cannonau und Monica. Das sind die drei Sorten aus denen der Mandrolisai DOC (Denominazione Origine Controllata) besteht, der einzige DOC-Wein auf Sardinien, der den Namen des Anbaugebiets trägt und dessen Produktion auf dieses (kleine, aber feine) Anbaugebiet beschränkt ist. Das Gebiet besteht aus den Gemeinden Atzara, Sorgono, Samugeo, Meana Sardo und Ortueri (sowie Tonara und Desulo, die aber keine nennenswerte Weinproduktion haben).

Karte Mandrolisai
Die sardische Subregion Mandrolisai, Heimat des Mandrolisai DOC

Früher wurden die drei Weinsorten des Mandrolisai DOC meist auch gemeinsam in einem Weinberg angebaut und geerntet – etwa so wie der berühmte „Gemischte Satz“ in und um Wien. Heute werden die Rebsorten zunehmend separat angebaut und erst im Keller zusammen gebracht. Das ermöglicht eine viel bessere Pflege und Lese der zu unterschiedlichen Zeiten reifenden Trauben.

Aber nach diesem kleinen Exkurs zum Mandrolisai DOC zurück zum Weingut Fradiles. Die hohe Qualität der Weine und die dafür erhaltenen Anerkennung haben das kleine Weingut im Zentrum Sardiniens (Atzara gilt tatsächlich als der geografische Mittelpunkt der Insel) in wenigen Jahren national und international bekannt gemacht. Die Weine von Fradiles findet man heute nicht nur in den meisten Vinotheken auf der Insel, sondern auch in ausgesuchten Weinläden und Online-Shops auf dem italienischen Kontinent und im Ausland.

Der bewusste Erhalt der alten Rebstöcke ist ein Beitrag zum Erfolg der Cantina.

Wenn man mit Paolo Savoldo durch die Weinberge der Cantina geht, spürt man die Liebe zu seinen Weinbergen. Darauf wachsen teils noch Rebstöcke, die hundert und mehr Jahre alt sind. Und mittendrin thront auch noch ein alter, mächtiger Olivenbaum, der fast ebenso viele Jahre gesehen hat wie die uralten Rebstöcke.

Rebstock-Patenschaften führen zu einer noch engeren Verbindung mit den Weinliebhaberen

An einigen Pfählen vor den Rebstock-Reihen sind kleine Plaketten angebracht, die auf eine weitere Besonderheit des Weinguts hinweisen: auf die Reb-Patenschaften, die Weinliebhaber aus den Niederlanden für diese Rebenstöcke übernommen haben. Diese Patenschaften funktionieren in etwa so: Der Pate „mietet“ zehn Rebstöcke und bekommt dafür dann so viel Wein, wie diese Stöcke in etwa (oder besser gesagt im Mittel) an Ertrag ergeben haben.

Motor dieser Aktion ist ein Onkel von Paolo, der in Holland ein Restaurant führt und die Idee mit der Patenschaft dort an seine Gäste herangetragen hat. Auch diese Idee ist von Erfolg gekrönt. Denn mittlerweile gibt es schon fast 150 Patenschaften für jeweils zehn Rebstöcke. Und hohen Besuch hat die Aktion dem Weingut auch schon beschert: Die niederländische Konsulin in Olbia hat das Weingut besucht und sich vor Ort über die Reb-Patenschaften informiert.

Die kleine Kellerprobe, in die ich so unverhofft hinein geraten bin, endet mit einem Imbiss im Degustations-Saal der Cantina, wo wir bei Wein, Brot, Schinken, Wurst, Käse und Oliven noch ein wenig über Wein und die Welt reden. Aber dann muss ich mich doch auf den Weg machen, denn eigentlich wollte ich ja auf dem Heimweg von Sorgono nach Cabras nur kurz etwas Wein kaufen. Das tue ich auch noch, kann aber meinen Lieblingswein der Cantina, den Barigadu, einen reinsortigen Bovale Sardo, nicht mitnehmen, weil er ausverkauft und der neue Jahrgang noch nicht abgefüllt ist. Schade! Aber das hat ja auch etwas Gutes. So habe ich einen guten Grund, bald wieder einmal bei Fradiles vorbeizuschauen.

Text: Hans-Peter Bröckerhoff

Bilder: Hans-Peter Bröckerhoff, Fradiles

PS:
Ich bin kein Weinexperte und würde mir nicht anmaßen, Degustations-Beschreibungen abzugeben. Aber ich habe bei den Kollegen der Online-Weinzeitschrift „vinodabere“ einen schönen Artikel über die Cantina Fradiles vom Mai 2022 gefunden. Dort beschreibt der Weinjournalist Luca Matarazzo die Weine von Fradiles, unter anderem auch diese drei:

  • Fradiles 2020: Willkommen im Mandrolisai DOC – durch die Vordertür! … Trauben aus den jüngsten Weinbergen; ein Wein, der ganz in Richtung mediterrane Macchia, Lakritze und Creme de Cassis geht. Sauber, zart und überzeugend.
  • Bagadiu 2020 Bovale Igt Isola dei Nuraghi: Dieser „Junggeselle“ (so der Name) ist in seiner Reinheit bereit, sich mit der typischen Inselküche zu vermählen, zu der Schafe, Porcetto und würzige Wildgerichte gehören. … Ein Muristellu, der zwischen roten Johannisbeeren, Gewürznelken und balsamischen Essenzen tanzt, unbeschadet der leichten Passage im Holz.
  • Memorias 2019 „Creccherie“: die CRU des Hauses Savoldo. … Unbegrenzt trinkbar, bewahrt er eine Feinheit, die ihn sofort schmackhaft und lang anhaltend macht. Rote Zitrusfrüchte und reife Kirschen in Hülle und Fülle, ohne zu verschmieren: in jeder Hinsicht bemerkenswert.“

Info

Fradiles Vitivinicola

Kreuzung zur Località Creccherì, SP61, 08030 Atzara NU (aus Richtung Samugheo kommend kurz vor Atzara rechts den Hinweisschildern folgen)

Kontakt:

http://www.fradiles.it/

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