Ein Generationswechsel ist immer ein guter Anlass, eine Erfolgsgeschichte zu erzählen. So auch bei der ältesten familiengeführten Weinkellerei Sardiniens, der Azienda Vinicola Attilio Contini s.p.a. in Cabras, die heute meist einfach nur Cantina Contini, genannt wird (mit der Betonung auf dem o). Hier hat gerade die vierte Generation die Führung des Unternehmens übernommen. Der bisherige presidente des Familienunternehmens, Paolo Contini hat, nachdem er mehr als 40 Jahre lang die Geschicke der Cantina bestimmt hat, den Staffelstab an zwei seiner Neffen übergeben. Die Cantina wird jetzt von den Cousins Alessandro Contini (presidente) und Mauro Contini (vice presidente) geführt.
Die 1898 gegründete Cantina Contini ist nicht nur eine der ältesten und traditionsreichsten Weinkellereien Sardiniens, sondern auch eine der dynamischsten. Sie hat in den letzten Jahren ein rasantes Wachstum hingelegt, sowohl im quantitativen wie im qualitativen Sinne Mittlerweile gehört sie mit 1,5 Millionen produzierten Flaschen und zahlreichen Auszeichnungen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene zu den bedeutendsten Weinproduzenten der Insel. Auch deshalb verdient sie es, hier näher vorgestellt zu werden.
Zunächst jedoch eine Vorbemerkung: Das folgende Portrait der Weinkellerei Contini ist sehr persönlich gefärbt. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen habe ich, der Autor dieser Zeilen, in Cabras meine zweite Heimat gefunden und betrachte deshalb die Cantina Contini mit einem Schuss Lokalpatriotismus. Und zum anderen bin ich seit mehr als 30 Jahren mit Paolo Contini befreundet und konnte deshalb die Cantina und die dort arbeitenden Menschen gut kennen- und schätzen lernen.
Die traditionelle Basis der Cantina Contini: Vernaccia di Oristano
Der Name Contini war und ist in der Weinwelt stark mit dem Vernaccia di Oristano verbunden. Contini gilt bis heute als „Spitzenerzeuger“ dieses außergewöhnlichen Weins. So steht es jedenfalls seit Jahrzehnten im „Der große Johnson“, der wohl wichtigsten „Enzyklopädie der Weine, Weinbaugebiete und Weinerzeuger“ der Welt. Die Konzentration auf den Vernaccia di Oristano, der die Weinbauregion am unteren Lauf des Flusses Tirso lange prägte, begann schon früh. Firmengründer Salvatore Contini gewann im Jahre 1912 für seinen Vernaccia di Oristano eine Goldmedaille auf der Esposizione Internationale del Lavoro (Internationalen Ausstellung der Arbeit) in Mailand.
Sein Sohn Attilio trieb die Produktion und den Vertrieb dieses Ausnahmeweins weiter voran. Er hat vom Ende der dreißiger bis in die siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts die Weinkellerei geführt und groß gemacht, und zwar „mit starker Hand“, wie die Familie sich heute noch erinnert. Danach prägte in der dritten Generation Paolo, der jüngste der drei Söhne Attilios, das Gesicht der Cantina.
Paolo Contini gestaltete den teils schwierigen Übergang zu einem breit aufgestellten und international agierenden Weingut. Denn seit den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts wandelten sich Weingeschmack und Trinkgewohnheiten deutlich. Die Nachfrage nach Vernaccia di Oristano ging stark zurück. Deshalb nahm die Cantina auch die zweite autochtone Rebsorte der Gegend, die rote Nieddera-Rebe, in den Focus. Aus ihr waren bis dahin vor allem einfache Alltagsweine hergestellt worden. Contini entwickelt daraus als erste Kellerei moderne Weine hoher Qualität. Die Cantina nahm auch Vermentino- und Cannonau-Weine in ihr Programm auf. Und sie schuf auf der Basis der früh gelesenen Vernaccia-Rebe einen modernen Weißwein, den Karmis, der am Markt extrem erfolgreich wurde.
Viel Anerkennung für neue Weine und Qualitätsoffensive
Aber Paolo Contini setzte nicht nur auf ein breiteres Sortiment und auf quantitatives Wachstum. Er wusste auch, wie wichtig die Steigerung der Qualität für ein Weingut heute ist. Deshalb engagierte er vor 20 den jungen Önologen Piero Cella, einen Schüler des großen Giacomo Tacchis, des Schöpfers solch berühmter Weine wie dem Sassicaia in der Toskana oder des Terre Brune der Cantina Santadi. Damit bewies er ein gutes Händchen, denn Piero Cella, der noch heute für die Cantina arbeitet, entwickelte sich zu einem der renommiertesten Weinmacher Sardiniens. Er trieb die Steigerung der Weinqualität weiter voran.
Schon bald „regnete“ es dann auch Preise und Anerkennungen für die Weine der Cantina Contini. Den Anfang machte einer der wichtigsten Preise der Weinwelt überhaupt. Ich erinnere noch gut, wie freudig erregt mir Paolo im Frühjahr 2003 zur Begrüßung entgegen rief: „Wir haben die große Goldmedaille gewonnen!“. Auf der Vinitaly war gerade der auf der Basis der Nieddera-Traube entwickelte Spitzenwein der Kellerei, der Barrile, mit dem „Diploma di Gran Medaglia d’Oro“ beim Concorso Enologico Internazionale ausgezeichnet worden. In den Folgejahren dokumentierten weitere Bestnoten in den Weinführern und Preise bei nationalen und internationalen Verkostungen die wachsende Qualität der Contini-Weine.
Erfolgreiche Eroberung nationaler und internationaler Märkte
Mit dem quantitativen und qualitativen Wachstum ging auch die Ausweitung der Märkte einher. Paolo Contini setzte immer stärker auf den nationalen Markt, ohne dabei den regionalen sardischen zu vernachlässigen. Zudem suchte und fand er auch Importeure im europäischen Ausland (vor allem in der Schweiz und Deutschland) sowie in Übersee (vor allem in den USA und Japan). Er betreute seine internationalen Kunden intensiv, reiste viel und setzte bei der Kundenbetreuung auch seine überaus sympathische und einnehmende Persönlichkeit ein. Das habe ich mehrfach direkt miterleben können. Denn wenn er wieder einmal zu einer Hausmesse oder Verkostungsveranstaltung eines deutschen Importeurs persönlich anreiste, war ich manchmal als Übersetzer dabei und bekam seinen intensiven persönlichen Einsatz bei der Kundenbetreuung life mit.
Wie bei den Kunden setzte Paolo Contini auch im Kontakt mit nationalen und internationalen Wein-Journalisten seine ganze Persönlichkeit ein. Auch das konnte ich beispielhaft miterleben, als sich einmal (vor weit mehr als 20 Jahren) ein renommierter deutscher Weinjournalist für eine Kellereibesichtigung angesagt hatte und Paolo mich bat, bei der Besichtigung und der anschließenden Degustation zu übersetzen.
Ich erinnere dieses Erlebnis auch deshalb so gut, weil ich bei dieser Gelegenheit einen der für mich außergewöhnlichsten Weine überhaupt zum ersten Mal probieren konnte. Paolo zapfte uns aus einem kleinen Kastanienfass eine Probe eines Vernaccia di Oristano, der nach der Solera-Methode aus den besten Jahrgängen der vorangegangen Jahrzehnte „komponiert“ worden war. Dieser Wein wurde später als Antico Gregori auf den Markt gebracht und wird seitdem mit Preisen überhäuft – so auch gerade wieder mit der Auszeichnung „Bester vino di meditazione 2021“ des Gambero Rosso.
Nicht nur zu den Kunden und den Journalisten sondern auch zu Experten der italienischen Weinwelt und zu vielen Winzerkollegen pflegte Paolo Contini enge persönliche Beziehungen. Mich erstaunte es deshalb nicht, dass er in den Presseberichten über den Generationswechsel als „Dekan der sardischen Winzer“ bezeichnet wurde.
Kontinuität und neue Perspektiven
Es war sicherlich auch eine weitsichtige und kluge Entscheidung, dass Paolo Contini seine beiden Neffen schon vor vielen Jahren in die Cantina holte und ihnen Verantwortung für wichtige Teile des Unternehmens (Alessandro für den Vertrieb und Mauro für den Kellereibetrieb) übergab. Er ließ die beiden auch zunehmend die Modernisierung und die Zukunftssicherung der Cantina mit gestalten – was charakterstarken Unternehmensführern bekanntermaßen nicht immer leicht fällt. Dadurch war bei dem Generationswechsel die Kontinuität gesichert. Die neue Unternehmensleitung führt die Projekte und die strategischen Linien weiter, die sie schon selbst mit entwickelt hat. Die Kontinuität wird zudem dadurch gefördert, dass der langjährige, für die Finanzen verantwortliche Generaldirektor Dino Loi zum Geschäftsführer ernannt wurde und der neuen Generation auch weiterhin zur Seite steht.
Mit dem Generationswechsel machte die Cantina Contini noch eine andere wichtige Personalentscheidung bekannt. Sie hat Andrea Balleri, einen der renommiertesten Sommeliers Italiens, mit der Rolle des Markenbotschafters und des Vertriebsleiters für den italienischen und internationalen Markt betraut. Balleri, der 2013 nicht nur den Titel „Bester Sommelier Italiens“ gewann, sondern auch Halbfinalist des Wettbewerbs „Bester Sommelier der Welt“ war, soll mit seinem Renommee und seiner Expertise den nationalen und internationalen Markt weiter ausbauen. Dabei soll er ebenfalls dafür sorgen, dass die Contini-Weine künftig auch „in den exklusivsten Weinlounges der Welt“ vertreten sind.
Weiteres Wachstum und mehr Attraktivität für den internationalen Weintourismus
Das alles deutet auf einen weiteren Wachstumskurs hin. Der frisch gebackene Präsident Alessandro Contini bestätigte mir im Gespräch diesen Eindruck. „Wir sind in den letzten Jahren sehr stark gewachsen“, betonte er, „und sehen noch weiteres Wachstumspotential.“ Deshalb gebe es, erklärte er, konkrete Pläne für den Ausbau der Cantina, denn unter den bisherigen Bedingungen sei kein Wachstum mehr möglich. Lager und Logistik sollen, erfahre ich, ausgelagert werden, und zwar in die außerhalb des Dorfes gelegenen Hallen der bisherigen Cantina Atzori, die vor Kurzem von Contini übernommen wurde. Auch der im historischen Zentrum von Cabras gelegene Stammsitz soll ausgebaut werden. Dort soll die Produktion und die Verwaltung verbleiben und ein deutlich größerer Bereich für Degustationen und Kundenbetreuung entstehen, zu dem auch ein kleines gastronomisches Angebot gehören soll.
Und schließlich gibt es auch Überlegungen, in den Weinbergen auf der anderen Seite des Stagno di Cabras einen Ort für kulinarische Weinproben zu schaffen. „Dann werden Weinliebhaber aus aller Welt“ fügte Alessandro Contini hinzu, „unsere Weine und die Spezialitäten unserer Gegend im Weinberg probieren und dabei ein wunderbares Panorama genießen können. Denn von dort, von den Hügeln der Sinis-Halbinsel blickt man über den Stagno di Cabras und den Golf von Oristano hinweg weit in das Landesinnere, bei guter Sicht bis zum Gennargentu.“
Mit dieser Öffnung für den wachsenden internationalen Weintourismus macht die Cantina sicherlich einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg der Zukunftssicherung. Mit einer anderen Maßnahme zur langfristigen Absicherung des Unternehmens, nämlich mit der Ausweitung der eigenen Anbauflächen, hat sie schon vor gut 10 Jahre begonnen. Zuvor war die Azienda Vinicola Contini vor allem eine Kellerei, eigene Weinberge spielten keine große Rolle. Die Trauben wurden weit gehend von Weinbauern, mit denen teils jahrzehntelange Vertragsbeziehungen bestanden, angeliefert. Mittlerweile besitzt die Cantina gut 100 Hektar eigene Rebfläche und kann heute mit Fug und Recht auch Weingut genannt werden.
All dies deutet darauf hin, dass die Cantina Contini für die Zukunft gut gewappnet ist. Sie gehört deshalb nicht nur zu den traditionsreichsten Weinproduzenten Sardiniens, sondern auch zu denen, die im umkämpften nationalen und internationalen Weinmarkt mit guten Chancen bestehen können.
Text: Hans-Peter Bröckerhoff
Fotos: Hans-Peter Bröckerhoff, Cantina Contini
Weiter Infos
Bezugsquellen: Die Weine der Cantina findet man in Deutschland, Österreich und der Schweiz bei zahlreichen Weinhändlern. Es gibt ca 80 Importeure aus diesen drei Ländern und (weil darunter auch Großhändler sind) noch viel mehr Verkaufsstellen und Internet-Shops. Contini-Weine gibt es auch bei mehreren der auf dieser Website gelisteten Bezugsquellen für sardische Produkte.
Facebook-Seite der Cantina Contini
Auf der FB-Seite sind auch kleine Video-Verkostungen mit dem neuen Markenbotschafter der Cantina, dem Star-Sommelier Andrea Balleri zu finden (nur in italienischer Sprache).
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