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HR-Serie „Kochs anders“ – Ali und die sardische Küche

Zum zweiten Mal kurz hintereinander beschäftigt sich der Hessische Rundfunk mit der sardischen Küche. Im Dezember des letzten Jahres wurde die sehr sehenswerte kulinarische Reisereportage „Köstliches Sardinien“ erstmals ausgestrahlt und in die Mediathek gestellt. Jetzt (im Januar 2022) geht es um Ali und die sardische Küche, in der Sendereihe „Koch anders“ mit dem Protagonisten Ali Güngörmüş. Eine zentrale Rolle spielt dabei wieder Serena Loddo, die junge Pasta-Macherin mit sardischen Wurzeln. In der Reisereportage hat sie auf Sardinien verschiedene Produzenten besucht. Jetzt empfängt sie den TV-Koch Ali Güngörmüş in ihrer Limburger Manufaktur und bereitet für ihn Culurgiones und Coccoi prena zu.

Ali und die sardische Küche
Ali Güngörmüş mit Serena Loddo und Serenas Mutter (l.) bei der Vorspeise (Pecorino sardo und Coccoi prena)

Der Sender stellt den Film „Ali, die sardische Küche und die Nudeltaschen mit Lachs“ in der Mediathek folgendermaßen vor:

„Die junge Nudelmacherin Serena Loddo hat ihn zu sich nach Limburg eingeladen, um Ali mit traditionellen sardischen Gerichten zu überzeugen. Sie färbt ihre Pasta, faltet und füllt den Teig, wie sie es von ihrer Familie auf Sardinien gelernt hat. Da kann der Profikoch nur staunen. Ali kocht aus den Zutaten ihres Gerichts eine schwarz gefärbte Nudeltasche, die er mit Kartoffeln und Lachs füllt. Und am Ende verrät der Spitzenkoch, was ihn an Serenas Pasta regelrecht umgehauen hat.“

HR-Fernsehn

Im Mittelpunkt stehen die Culurgiones

Natürlich bereitet Serena Loddo für den berühmten Gast Culurgiones d’Ogliastra vor. Sie sind, wie sie auch im Film nochmals erklärt, ihr ganzer Stolz und auch bei ihren Kunden in Limburg sehr beliebt. Leider wählt si dafür nicht die gänzlich traditionelle Originalversion der ursardischen Teigtaschen aus. Sie bereitet zwar die Originalfüllung mit Kartoffeln, Käse und Minze zu, macht aber einen bunten Teig. Das ist nett und dürfte den Fernsehmachern gefallen haben, kann aber vom unbedarften Publikum missverstanden werden. Denn so werden die Culurgiones in Sardinien normalerweise nicht gemacht. Ein Tourist würde in Sardinien wohl vergebens nach dieser Version suchen.

Ali und die sardische Küche
Serena Loddo bietet in ihrer Pasta-Manufaktur nicht nur die Originalversion der Culurgiones an, die mit einer Masse aus Kartoffeln, Käse und Minze gefüllt sind. Sie hat auch Eigenkreationen mit anderen Füllungen im Angebot, die sie allerdings ebenfalls in der Form der kunstvoll geschlossenen Teigtaschen produziert.

Ali Güngörmüş will natürlich auch versuchen, die Culurgiones so kunstvoll zu schließen, wie es Serena Loddo macht. Aber er scheitert daran und gibt das auch unumwunden zu. Er versucht dann im zweiten Teil der Sendung auch gar nicht, bei seiner eigenen Interpretation des Gerichts die Culurgiones-Form nachzumachen. In der Sendereihe „Kochs anders“, variiert der Fernsehkoch, wie der Titel es schon ausdrückt, das Gericht seines jeweiligen Gastgebers und kocht es bzw. etwas Ähnliches auf seine Weise.

Statt der an eine Korn-Ähre erinnernden Culurgiones-Form wählt Ali Güngörmüş bei seiner Interpretation der Culurgiones eine Art Teig-Rolle mit einer Kartoffel-Lachs-Füllung. Dass diese wegen der Zutat Lachs ganz und gar nicht sardisch ist (s.u.), wird im Film leider nicht thematisiert, obwohl Serena Loddo darauf deutlich hingewiesen hatte. Die Verbindung „Ali und die sardische Küche“ kommt deshalb nicht wirklich zustande.

Ali Güngörmüş kriegt es nicht hin, nimmt es aber mit Humor. Zum Trost für den Starkoch sei gesagt, dass auch in Sardinien, zumindest außerhalb der Ogliastra, viele versierte Hausfrauen und -männer und viel Köche und Köchinnen, sich schwertun, die Culurgiones richtig zu schließen.

Schwarze Ravioli mit Lachsfüllung bewirken, dass Ali und die sardische Küche doch nicht so recht zueinander kommen

Serena Loddo bereitet neben der (fast) originalen Version der berühmten sardischen Pasta auch noch eine andere Version vor – eine mit schwarzem Teig und einer Lachs-Ricotta-Füllung. Sie sagt dazu ausdrücklich, dass das eine Eigenkreation und kein sardisches Gericht ist. Trotzdem entsteht ein Missverständnis in Bezug auf die Darstellung der sardischen Küche. Denn Lachs hat mit Sardinien und der dortigen Küche nichts zu tun. Er gefällt aber dem deutschen Gaumen. So nimmt Ali Güngörmüş für seine eigene Interpretation auch Lachs und kombiniert diesen mit einer Kartoffelfüllung.

Die HR-Redaktion nahm das wiederum zum Anlass, den Lachs sogar in den Titel des Film aufzunehmen – gemeinsam mit dem Begriff „sardische Küche“. Die Redaktion kennt sich mit der sardischen Küche offensichtlich nicht gut aus und überhört deshalb wohl Serena Loddos Hinweis, dass Lachs für diese untypisch ist. Eigentlich hätte der Begriff Culurgiones in den Titel gehört, am besten zusammen mit den Begriffen Kartoffel, Käse und Minze.

Die (ganz und gar nicht sardischen) schwarzen Ravioli mit Lachsfüllung in Culurgiones-Form. Dazu reichlich Bottarga di Muggine, der oft auch „sardischer Kaviar“ genannt wird.

Alles in allem ist es doch ein sehenswerter Film

Es wäre schön gewesen, wenn im Film noch mehr vom Charakter der sardischen Küche vermittelt würde. Der widersprüchliche Titel „Ali, die sardische Küche und Nudeltaschen mit Lachs“ zeigt (s.o.), dass sich Ali Güngörmüş und die Redaktion von den explizit nicht sardischen schwarzen Ravioli mit Lachsfüllung in Culurgiones-Form auf eine falsche Fährte locken ließen. Schade.

Aber es gibt im Film auch viele gelungene Einblicke in die kulinarische Welt Sardiniens. Es werden Coccoi prena zubereitet (hier das Original-Rezept und eine von Serena Loddos Varianten auf der HR-Seite). Es wird die Bottarga erklärt, es wird Pecorino eingesetzt, es wird die Zubereitung von sardischen Amaretti gezeigt und es wird das offenbar bestehende Missverständnis, ein Pasta-Teig müsse Ei enthalten, aufgeklärt. Schon deshalb ist der Film sehenswert.

Und natürlich macht es einfach auch Spaß, der sympathischen Serena Loddo zuzusehen und -hören, wie sie sich für die Küche der Ogliastra, wo ihre Familie ihre Wurzeln hat, engagiert. Sie ist eine echte Botschafterin der sardischen Küche in Deutschland.

Ali Güngörmüş schmeckt es sehr gut. Und er sagt, dass er auch etwas gelernt hat bei der jungen sardisch-deutschen Pasta-Macherin: So habe er nicht gewusst, dass Kartoffeln und Minze eine so tolle Kombination sind. Und dass man Pasta-Teig auch ohne ohne Ei zubereiten kann, war ihm auch neu. Das werde er in seinem Restaurant umsetzen, um noch mehr Angebote für Veganer zu haben.

Text: Hans-Peter Bröckerhoff

Fotos: Screenshots aus der HR-Mediatek, hr-fernsehen

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