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Likör vom wilden Fenchel – Finocchietto, ein Digestif mit wunderbar intensivem Fenchel-Geschmack

Wenn einem auf Sardinien ein selbst gemachter Likör angeboten wird, dann ist das meist ein Mirto. Manchmal wird allerdings statt dieses bekannten sardischen Myrten-Likörs auch ein Limoncello oder eine Crema di Limone oder einer der vielen anderen Liköre, die auf der Insel in vielen Familien noch immer selbst hergestellt werden. Das kann zum Beispiel auch ein Finocchietto sein.

junger wilder Fenchel
Wilden Fenchel (italienisch „finocchietto“, fenugeddu auf Campidanese) findet man auf Sardinien überall auf Brachen und an den Wegesrändern. Er ist leicht zu erkennen. Seine grasgrünen, fedrigen Büschel wachsen unter den vertrockneten Stängeln vom letzten Jahr. Manchmal steht er in der Nähe von der giftigen Ferula, deren Blätter dem Fenchel im jungen Stadium ähnlich sind. Aber der starke Fenchel-Duft und -Geschmack des wilden Fenchel macht eine Verwechslung ziemlich unwahrscheinlich.

Finocchietto, Likör von wildem Fenchel, gibt es auf Sardinien in gleichen zwei Varianten. Unsere Freundin Susanna macht zum Beispiel einen wunderbaren Finocchietto aus den Blüten des wilden Fenchels, die Mutter eines Freundes wiederum stellt einen grasgrünen Finocchietto aus den jungen Blättern des wilden Fenchels her.

Die (gelbe) Version, bei der Blüten des wilden Fenchels verwendet werden, ist die bekanntere und verbreitetere (Rezept siehe Bild ganz unten auf der Seite). Diesen Finocchietto gibt es auf Sardinien auch professionell hergestellt im gut sortierten Supermarkt oder in einer Enoteca zu kaufen. Die grüne Version, die mit den zarten Blättern der jungen Pflanzen hergestellt wird, ist weniger bekannt. Um sie geht es im Folgenden hauptsächlich.

Wilder Fenchel – auch eine beliebte Zutat in der sardischen Küche

Früher sammelten viele Sarden wilden Fenchel. Er wächst an Wegesrändern und auf Brachen und ist leicht zu erkennen. Auch wenn das wild wachsende Gemüse heute nicht mehr so häufig gesammelt wird, hat es doch weiterhin einen prominenten Platz in der traditionellen sardischen Küche. Es gibt zahlreiche Rezepte mit diesem sehr intensiv schmeckenden Wildgemüse, so etwa das Lamm mit wildem Fenchel, die Kichererbsen-Suppe, in die reichlich von dem aromatischen Gewächs hinein kommt und der Brotauflauf (Zuppa di finocchio selvatico) mit wildem Fenchel.

gesammelter wilder Fenchel
Gesammelter wilder Fenchel vor dem Säubern. Die Stängel werden, gut geschält und von harten Teilen befreit zum Kochen genutzt, und von dem zarten Grün wurde der grüne Finocchietto, eine Variante des sonst gelben sardischen Fenchel-Likörs gemacht.

Aber zurück zum Finocchietto. Er wird im Prinzip genauso hergestellt wie die meisten aromatischen Liköre auf Sardinien und in ganz Italien. Die Aroma gebenden Früchte, Pflanzenteile oder Schalen werden in hochprozentigen Alkohol eingelegt und dieser wird danach mit einem Zuckersirup vermischt. Eigentlich ganz einfach, wenn da nicht das Problem mit dem 95%-igen Alkohol wäre. Den gibt es nämlich in Italien im Supermarkt zu kaufen, in Deutschland (und ich nehme an auch in Österreich und der Schweiz) wird reiner bzw. hochprozentiger Alkohol nur in Apotheken verkauft und ist dort extrem teuer. Zum Glück gibt es im Netz ein paar Bezugsquellen. Dazu unten mehr und auch zu dem Notbehelf Wodka oder Korn.

Finocchietto, Likör aus wildem Fenchel – zuhause nur schwer selbst herzustellen

Die nahezu fehlende Möglichkeit, puren Alkohol zu kaufen, ist aber nur eine der Schwierigkeiten, wenn man zuhause im Norden einen Finocchietto selber herstellen möchte. Es gibt ja auch die wichtigste Zutat, den wilden Fenchel nicht. Fenchelblüten kann man sich vielleicht noch aus dem Urlaub mit nach Hause nehmen, zumal die ruhig ein wenig angetrocknet sein können.

Beim zarten und leicht verderblichen Fenchel-Grün ist das jedoch anders, zumal es das nur in den Winter- und frühen Frühlings-Monaten gibt, wenn nur wenige Urlauber auf die Insel kommen. Man könnte vielleicht zuhause auch das zarte Grün vom normalem Gemüse-Fenchel verwenden. Aber das ist natürlich nicht dasselbe.

Zutaten und Zubereitung

  • 1 Handvoll junges Fenchel-Grün (nur das besonders feine, fedrige Grün verwenden, keine Stängel)
  • 1 Plastikwasserflasche (sie dient als Maßeinheit) von 1,5 Liter bis zur Hälfte locker mit Blättern füllen (nicht stopfen). Alternativ kann auch ein anderes ähnlich großes Gefäß aus Glas genommen werden, das mit einem Deckel luftdicht verschließbar ist.
  • 1 l puren Trink-Alkohol (96 bzw. 96 prozentig) zugießen und gut 24 Stunden (max. 48 Std.) stehen lassen
  • 1.5 l Wasser mit 750 g Zucker aufkochen und erkalten lassen
  • Alkoholinfusion filtern und zum Sirup geben, gut verrühren und in Flaschen abfüllen

Die Mengen können natürlich entsprechend der vorhandenen Menge Alkohol oder der gewünschten Endmenge angepasst werden. Bei der in der Foto-Galerie gezeigten Herstellung wurden 400 ml Alkohol verwendet, dem entsprechend nur 600 ml Wasser und 300 g Zucker (wobei ich die Zuckermenge leicht reduziert habe, weil ich den Likör eher weniger süß mag).

Bilder von der Zubereitung

Tipps

  • Wer in Deutschland puren Trink-Alkohol zur Likörzubereitung kaufen möchte, kann ihn hier bekommen:
  • https://www.weisshaus.de/spirituosen/reiner-alkohol/ oder bei
  • http://www.brennerei-kessler.de/epages/64342534.sf/?ObjectPath=/Shops/64342534/Categories/Weingeist 
  • oder in russischen Märkten (die gibt es wohl mittlerweile in vielen mittelgroßen Stadt) als sog. „Spirytus 96%“ kaufen.
  • Bei der Verwendung von Wodka oder Korn statt purem Alkohol, sollte man darauf achten, die Wasser- und Zucker-Mengen entsprechend zu reduzieren – es sei denn, man möchte einen Likör herstellen, der deutlich weniger alkoholisch ist.
  • Wer sich mal an die Herstellung von Fincchietto mit Fenchel-Blüten wagen möchte, findet das Rezept dafür auf dem Bild unten über dem Rezept für den grünen Finocchietto.
Finocchietto sardo Rezepte
Die beiden Finocchietto-Rezepte, die seit längerem in unserem Rezepte-Ordner abgeheftet sind.

Text und Fotos: Hans-Peter Bröckerhoff

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