Viele alte Häuser auf Sardinien, insbesondere im Campidano, sind aus ungebrannten Lehmziegeln gebaut worden. So auch das Haus, in dem gerade ein neues Restaurant in Cabras eröffnet wurde. Das Restaurant heißt TERRACRUA. Ein schöner Name, der nicht nur gut klingt, sondern auch genau auf diese Ziegel aus ungebranntem Lehm anspielt, der im Sardischen terra crua (rohe Erde) genannt wird.
Wenn in unserem sardischen Heimatdorf Cabras ein neues Restaurant eröffnet wird, möchten wir, meine Frau und ich, es natürlich kennenlernen. In diesem Fall waren wir besonders neugierig, denn schon vor gut eineinhalb Jahren hatten wir den Chefkoch des neuen Restaurants, Tiziano Vacca beim Festival della Bottarga getroffen wo er uns von seinem Plan, in Cabras ein Restaurant mit gehobener, nicht alltäglicher Küche zu eröffnen, erzählt hatte.
Vorgestern Abend haben wir nun gemeinsam mit einem befreundeten Paar zum ersten und bestimmt nicht zum letzten Mal im TERRACRUA gegessen. Es war sowohl kulinarisch als auch im Hinblick auf die Atmosphäre im Lokal ein besonderes Erlebnis. Aber bevor ich zum Essen selbst komme, erst noch ein paar Worte zum Restaurant.
Tradition und Moderne schaffen eine sehr angenehme Atmosphäre
Mit dem Restaurant hat Tiziano Vacca nach vielen Jahren der (auch internationalen) Erfahrung in diversen Spitzenrestaurants seine eigene Wirkungsstätte aufgebaut, mitten im centro storico, dem historischen Dorfkern von Cabras. Gemeinsam mit seiner Frau Graziella Manca hat er zwei alte Häuser zu einem Restaurant und einem damit verbundenen Gästehaus umgebaut. Das war, wie uns Tiziano und Graziella nach dem Essen berichteten, kein einfaches Vorhaben. Das konnten wir gut nachvollziehen, denn aus eigener Erfahrung wissen wir, welche Probleme bei der Modernisierung, dem Aus- und Umbau eines alten Hauses auftauchen können – erst recht, wenn es mit „terra crua“ gebaut wurde.
Um es gleich vorweg zu sagen: Ihre Unternehmung ist rundum gelungen. Schon der erste Eindruck (s.die obigen Bilder von der FB-Seite des Restaurants) verspricht etwas Besonders. Bei der Innenausstattung im Erdgeschoss des Restaurants spielen die Ziegel aus „terra crua“ natürlich eine wichtige Rolle. In dem kleinen Raum, der Platz für 15 Gäste hat, scheint, bei einer ansonsten sehr modernen Gestaltung, noch viel von dem Alten durch. Der Gastraum wirkt dadurch jedoch weder folkloristisch bieder, noch modernistisch kühl. Im oberen Teil des Restaurants dagegen dominieren die weiten Fensterfronten und die Aussicht über die Dächer des Dorfzentrums. Auch hier oben, wo der Gastraum bei warmem Wetter in eine Dachterrasse verwandelt werden kann, haben 15 Personen Platz.
Neue aromatische Kombinationen mit heimischen Zutaten
Doch nun zum Essen selbst: Chefkoch Vacca hebt sich mit seinen Kreationen bewusst von der ansonsten in Cabras überwiegend angebotenen mehr oder weniger traditionellen Fischküche ab. Er nutzt dabei, so wie auch viele andere sardische Spitzenköche, heimische Zutaten, kombiniert diese jedoch auf neue Art. Insbesondere setzt er auf die Kombination verschiedener Aromen.
Ein Beispiel dafür war die Vorspeise, bei den Austern nicht einfach pur, sondern mit asparagi di mare (salicornia, zu deutsch Queller) und grünem Apfel serviert wurden (s. Bild unten). Und er spielt gekonnt mit den Beilagen wie zum Beispiel bei dem Hauptgericht mit der gebratenen Entenbrust (s. Bild unten), die für sich genommen schon sehr zart und lecker war, aber erst durch die verschiedenen, aromatisch verfeinerten Beilagen zu einem herausragenden Gericht wurde.
Man kann zwar im TERRACRUA auch à la carte essen, aber es empfiehlt sich doch eher, sich für eines der beiden fünfgängigen Menüs („Terra“ und „Mare“, Land oder Meer) zu entscheiden. Hier wählt man aus jeweils acht Gerichten und drei gemeinsamen Desserts fünf Gänge aus, wobei jeweils der gesamte Tisch, mindestens aber zwei Personen, die gleichen Gerichte wählen muss. Das ist verständlich, weil nur so der im Verhältnis zu den einzelnen Gerichten niedrigere Menü-Preis kalkuliert werden kann. Dieser war im Nachhinein betrachtet mit 58 und 65 Euro übrigens mehr als angemessen.
Natürlich kann man nicht alle Tage so viel für ein Abendessen ausgeben, aber es hat sich gelohnt. Denn die Gerichte haben durchweg hervorragend geschmeckt, die Portionen waren nicht zu klein und auch nicht zu groß und die Geschmackserlebnisse ungewöhnlich und vielfältig. Wir waren rundum zufrieden. Wir haben gehobene, aber nicht abgehobene Küche in angenehmer Atmosphäre (sogar die Musik stimmte) genossen, ohne dafür einen überzogenen Preis zu zahlen. Allen Freunden der sardischen Küche, die Abwechslung und etwas Besonderes suchen, kann ich TERRACRUA deshalb nur wärmstens empfehlen.
Neues Restaurant in Cabras – das Essen
Wir wählten zweimal das Menü „Terra“ und zweimal das Menü „Mare“. So konnten wir ein sehr große Auswahl der angebotenen Gerichte kennenlernen. Da nicht alle Wein trinken konnten, fragten wir nach offenem Wein und erhielten gleich mehrere Vorschläge von sehr ordentlichen und hochwertigen Weinen, die auch glasweise ausgeschenkt werden.
Bevor es mit den Vorspeisen losging, kam zunächst eine Crema di Bottarga als Gruß aus der Küche auf den Tisch. Bottarga-Creme wird in Cabras oft serviert, bisher aber habe ich noch nie eine so luftig-lockere und damit leichte Variante der Creme mit den berühmten Fischrogen gegessen.
Mit dem Brot wurden vorweg auch zwei Sorten aromatisierte Butter, einmal mit schwarzem Knoblauch und einmal mit getrockneten Tomaten gebracht. Außerdem gab es etwas mit Kräutern der Sinis-Halbinsel aromatisiertes Olivenöl (von der Ölmühle Corrias aus dem Nachbardorf Riola Sardo), um darin das Brot zu einzutunken. Hier wird die internationale Erfahrung des Chefkochs sichtbar: Die Gewohnheit, vor dem Menü Butter und/oder Öl zum Brot zu reichen, die in guten Restaurants in Deutschland und anderswo üblich ist, gibt es in Italien eigentlich nicht. Sie bereichert das kulinarische Gesamterlebnis eines guten Menüs aber durchaus.
Die Menüs werden übrigens, wie uns Tiziano Vacca sagte, im Laufe der Zeit immer wieder variieren. Schon im Mai will er eine neue Karte präsentieren. Von den beiden, die wir genießen konnten, erzählen die folgenden Bilder:















Info
Das Restaurant hat zurzeit nur am Freitag, Samstag und Sontag geöffnet, wird die Öffnungszeiten in der Touristensaison aber ausdehnen. Also vorher auf der Website nachschauen und auf jeden Fall reservieren.
Adresse: TERRACRUA RESTAURANT, Via Regina Elena 22, 09072 (Cabras OR), Tel: +39 346 1834153
Text: Hans-Peter Bröckerhoff
Fotos: Hans-Peter Bröckerhoff und FB-Seite von TERRACRUA
_____________________________
Bleiben Sie auf dem Laufenden! Unser monatlicher Newsletter liefert Neues und Interessantes aus der kulinarischen Welt einer außergewöhnlichen Insel frei Haus.
Wollen Sie erst einmal frühere Newsletter ansehen klicken Sie hier!