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Reis aus Sardinien – Spitzenqualität, aber wenig bekannt

Reis aus Sardinien? So mögen viele Liebhaber der sardischen Küche ungläubig fragen. Wenn es um Italien geht, wird Reisanbau nur mit der Po-Ebene in Verbindung gebracht, aber nicht mit Sardinien. Das ist seit mehr als einem halben Jahrhundert ein Trugschluss, denn es gibt ihn sehr wohl, den sardischen Reis! 

Vor allem in den Feuchtgebieten der Gegend um Oristano wird Reis in beachtlicher Menge produziert. Diese erscheint im nationalen Maßstab mit weniger als zwei Prozent der italienischen Reisproduktion natürlich eher gering, hat für die landwirtschaftliche Produktion der Insel aber durchaus eine hohe Bedeutung. Auf über 3.000 Hektar Anbaufläche können im Oristanese bis zu 250.000 Doppelzentner Reis pro Jahr geerntet werden. Hier liegen 90 Prozent der sardischen Anbauflächen. Der Rest der sardischen Reisproduktion konzentriert sich auf das Anbaugebiet bei San Gavino Monreale.

Späte aber gute Entwicklung des sardischen Reisanbaus 

Der Reisanbau auf Sardinien entwickelte sich erst nach dem zweiten Weltkrieg, als auf der Basis der in der faschistischen Zeit begonnenen Trockenlegung großer Teile der Feuchtgebiete (darunter ganzer Lagunenseen) auf dem neu gewonnenen Land durch Bewässerungssysteme ideale Bedingungen für diese Getreideart geschaffen wurden. Das günstige Klima und das Know-how, welches Siedler und Neuankömmlinge aus dem italienischen Norden mitbrachten, taten ein Übriges. Im Jahr 1951 wurde in Oristano die erste Firma gegründet, die sardischen Reis anbaute, den „Riso della Sardegna“, der auch heute noch in allen Supermärkten der Insel zu finden ist.

Reisernte auf Sardinien
Reisernte auf den Feldern nördlich von Cabras.

Dieser erst späte Beginn der Reisproduktion auf Sardinien ist der Grund, weshalb es in der traditionellen sardischen Küche nur wenige Reisgerichte gibt. „Reis ist in der gastronomischen Kultur der Insel sicher nicht so zentral wie Brot oder Nudeln aus Hartweizen. Der Hauptgrund liegt darin, dass Reis bis in die 1950er Jahre ein Importprodukt war, wie Kaffee, Zucker und Pfeffer.“ So erklärt die Anthropologin und Expertin der sardischen Küchenkultur, Alessandra Guigoni, die geringe Bedeutung von Reis in der traditionellen Küche der Insel.  

Lange Zeit ein Getreide für die Reichen und Adligen

Das heißt allerdings nicht, dass auf Sardinien vorher gar kein Reis gegessen wurde. Wahrscheinlich brachten die Spanier, die Reis während der arabischen Herrschaft zu schätzen gelernt hatten, dieses für die Sarden bisher fremde Getreide mit auf die Insel. Laut Alessandra Guigoni wurde auf Sardinien bereits im 17. Jahrhundert Reis gegessen, allerdings nur als Luxusprodukt für die Bankette der Adligen und Reichen. Auf den Tisch der einfachen Leute, die hauptsächlich die Lebensmittel aßen, die sie selbst anbauten oder aufzogen, kam Reis wahrscheinlich eher selten oder nie.

Mittlerweile ist Reis durchaus ein Produkt, das in der modernen Inselküche seine Verwendung findet. Reis aus Sardinien ist zudem bei Kennern auf dem ganzen italienischen Kontinent wegen seiner hohen Qualität beliebt. Dies gilt insbesondere für den Saatreis, der bei den Reisbauern in Norditalien sehr begehrt ist, weil er dank des Klimas und der umweltfreundlichen Anbaumethoden von hoher Qualität und zugleich relativ preisgünstig ist. Die Insellage des Anbaugebietes begünstigt zudem, dass die hier als Saatgut produzierten Reissorten weniger genetisch kontaminiert werden und tendenziell sortenreiner sind als in der Po-Ebene produziertes Saatgut. 

Deshalb ist der größte Teil des auf Sardinien erzeugten Reises Saatgut. Seit den 1970er Jahren gibt es die Cooperativa Sardo Piemontese Sementi (SA.PI.SE), eine sardisch-piemontesische Erzeugergenossenschaft mit eigenem Forschungs- und Entwicklungszentrum. Hier werden auch neue Reissorten entwickelt, und zwar durch natürliche Kreuzungen. Am bekanntesten ist wohl der Riso Venere, ein schwarzer Reis, der aus einer Kreuzung von einem italienischen mit einem schwarzen chinesischen Reis entstanden ist. Dieser wurde dann mit einer Sorte mit länglichem Korn weiter gekreuzt, woraus der rote Ermes-Reis entstand. (Mehr zum Riso Venere in der Reportage über den sardischen Reisproduzenten iFerrari)

In jedem Supermarkt auf der Insel ist die Auswahl ein wenig anders, aber Reis aus Sardinien spielt immer eine große Rolle.
In jedem Supermarkt auf der Insel ist die Auswahl ein wenig anders, aber der in Sardinien angebaute Reis spielt immer eine große Rolle.

Reis aus Sardinien mit vielfältigen Varianten

Diese beiden neuentwickelten Sorten werden heute auf Sardinien auch als Reis für den Konsumentenmarkt angebaut, ebenso wie aromatischer orientalischer Reis mit länglichem Korn. Die am häufigsten angebauten Sorten sind jedoch auch auf Sardinien die klassischen italienischen, für den Risotto geeigneten Sorten Carnaroli, Arborio und Roma.

In einem gut sortierten sardischen Supermarkt ist heute eine große Auswahl an sardischem Reis zu finden. Ebenso bieten auf der Insel zahlreiche Spezialgeschäfte für sardische Produkte sardischen Reis an. Und auch zuhause im Norden kann man ihn in den sardischen Geschäften und im Onlinehandel kaufen. Der Reis aus Sardinien eignet sich natürlich nicht nur für sardische Gerichte (von denen zwei, Riso alla pescatora und Risotto alla campidanese, schon auf dieser Website vorgestellt werden) sondern ist so gut, dass (nicht nur) Sardinienfreunde ihn gerne für alle möglichen Reisgerichte einsetzen.

Wichtige Reisproduzenten auf Sardinien

Nachfolgend sind die wichtigsten sardischen Reisproduzenten kurz vorgestellt. Die Reihenfolge ist alphabetisch und sagt nichts über die Größe oder Bedeutung der Anbieter aus.

Die Azienda agricola Curreli – Molas-Reis (San Gavino) ist das einzige größere Unternehmen außerhalb des Oristanese. Es bietet eine große Auswahl an sardischem Reis an und setzt auch auf zahlreiche verarbeitete Produkte: Reiswaffeln, Grütze, Mehl oder kochfertige Risotti.

Riso Is Molas

Die Azienda Agricola Falchi (Oristano) ist ein sehr altes landwirtschaftliches Familienunternehmen, das sich auch auf den Reisanbau konzentriert hat. Es produziert heute die vier Reissorten Apollo, Carnaroli, Ermes und Venere. Die Geschäftsführerin Elisabetta Falchi ist heute auch Präsidentin der Cooperativa Sardo Piemontese Sementi.

Riso Falchi

Die Azienda Agricola iFerrari (Oristano) produziert und vermarktet neben Saatgut-Reis die Linie Chicchi d’Angelo mit den Sorten Carnaroli, Arborio, Apollo, Venere und Ermes. Der Name bezieht sich auf den Firmengründer Angelo Mario Ferrari, der sich sehr für die Entwicklung des sardischen Reisanbaus engagiert hat und Mitinitiator der Cooperativa Sardo Piemontese Sementi war.  


Die Azienda Agricola Passiu (Oristano) wurde 1975 gegründet und vermarktet insbesondere auch in der gehobenen Gastronomie. Das bekannteste Produkt des Produzenten ist der ursprünglich aus der Lombardei stammende Reis Gioiello di Sardegna, der durch seine schwarze Farbe und seinen unverwechselbaren Geschmack hervorsticht.

Riso Passiu

Die Azienda Riso della Sardegna (Oristano) war nicht nur das erste Unternehmen, das bereits 1951 Reis auf der Insel produzierte, sondern auch das erste, das ihn in einer eigenen Fabrik konsumfähig machte und auf dem lokalen Markt vermarktete. Die Firma ist führender Hersteller von sardischem Reis, der auf der Insel konsumiert wird, und bietet heute auch zahlreiche Reis-Fertiggerichte an.

Riso della Sardegna

Die Azienda Stara – Ris’Oristano (San Vero Milis) ist ein landwirtschaftlicher Betrieb, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründet wurde und sich in den letzten Jahrzehnten auf den Anbau von Reis als Saatgut und dann zunehmend auf die Verarbeitung und Verpackung für den sardischen Markt konzentriert hat. Sie baut Carnaroli und orientalischen Reis an, der sowohl als Vollkornreis als auch als raffinierter Reis erhältlich ist.

Ris'Oristano

Hinweis

Gleichzeitig mit diesem Beitrag ist eine Reportage von einem Besuch bei einem der sardischen Reisproduzenten erschienen. Da gibt es auch mehr Infos zum schwarzen Reis Venere und zur nachhaltigen Reisproduktion in Sardinien.

Text: Hans-Peter Bröckerhoff, auf der Basis eines Beitrags auf www.bottega.it

Fotos: Hans-Peter Bröckerhoff / Screenshots von den Websites der genannten Reisproduzenten

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