Mitten in Cagliari, auf der Piazza Yenne, zeigten zwei junge sardische Küchentalente öffentlich ihr Können. Im Rahmen des 2. Festivals „international food & wine Cagliari“ kochten die beiden Chefköche vor interessiertem Publikum je ein Pastagericht. Beide Gerichte waren von den beiden Küchenchefs auf der Basis der Küchentradition ihrer Heimatorte Nuoro und Cabras entwickelt worden. Es trafen sich an diesem lauen Sommerabend also die Barbagia und das Oristanese, Berge und Meer, Fleischküche und Fischküche.
Marina Ravarotto kommt aus Nuoro und hat nach intensiven Lehrjahren, unter anderem bei den beiden sardischen Sterneköchen Roberto Petza und Stefano Deidda, vor einigen Monaten ihr Restaurant „ChiaroScuro“ in Cagliari eröffnet. Sie setzt dort voll und ganz auf die (kreativ weiterentwickelte) Küche der Barbagia, auf Fleisch und Gemüse. Das ist mutig in Cagliari, wo viele Feinschmecker besonders die maritime Küche suchen.
Marina kochte denn auch während der Show ein Fleischgericht und nutzte dafür eine in ihrer Heimat gerne gegessene Fleischsorte, das Schafsfleisch. Sie bereitete als Basis für ihr Gericht die sardische Nudelsorte Fregola nach Art eines Risotto vor, gab allerdings nicht, wie üblich, geriebenen Hartkäse sondern Caglio di Capretto dazu. Caglio di Capretto ist Ziegenmilch, die in den Magen eines Zickleins gefüllt wird und darin zu einer außerordentlich intensiv schmeckenden Käsepaste reift. Auf die Fregola setzte sie dann Nockerln aus Schafs-Tartar, in Olivenöl und Kräutern mariniertes rohes Schafsfleisch.
Salvatore Camedda kommt aus dem Lagunendorf Cabras. Er hat während seiner Lehr- und Wanderjahre mit unterschiedlichen Küchenchefs gekocht, teils auch in Frankreich und in Fernost. Sein Restaurant SOMU (über das auf dieser Seite schon berichtet wurde) hat er vor ca. zwei Jahren im kleinen Örtchen San Vero Milis eröffnet und damit gleich große Beachtung gefunden. Er hat ein breites Repertoire und nutzt insbesondere die Zutaten seiner Heimat, also auch und vor allem die berühmte Bottarga di Muggine aus Cabras. Er fügt seinen Kreationen aber auch gerne eine fremde Zutat hinzu, die einen spannenden Kontrast zwischen den heimischen Produkten und dem vertrauten Geschmack der traditionellen Küche erzeugt.
Salvatore kochte eine Pasta mit Bottarga und Pistaziencreme, brachte hier also Sardinien und Sizilien (die Heimat der Pistazien) zusammen. Als Pasta nutzte er Maccarrones de Busa, die zu den traditionellen Pastasorten der Insel gehören und früher mithilfe eines Stricknadel ähnlichen Metallstäbchens (busa) von den Hausfrauen selbst hergestellt wurde. Heute kann man sie, wie auch die Fregola in Sardinien in gut sortierten Supermärkten und zuhause im Fachhandel für sardische Produkte kaufen.
Organisiert und moderiert wurde das Showcooking von Domenico Sanna (siehe Fotogalerie unten). Er vertrat die Accademia Casa Puddu aus Baradili, die Schule für Köche und Restaurant-Fachpersonal, die in den letzten Jahren viel für den Nachwuchs in der sardischen Gastronomie getan hat. (Marina Ravarotto hat dort für einig Monate gelernt, und Salvatore Camedda ist dort immer wieder auch als Referent aktiv.)
Eine persönliche Anmerkung des Autors dieser Zeilen: Ich durfte bei der Show in der Jury sitzen und hatte deshalb die Möglichkeit, die beiden Gericht zu probieren. Beide schmeckten richtig gut. Beim ersten, der Fregola mit Schafs-Tartar, war ich überrascht, wie delikat und ganz und gar nicht aufdringlich die mit dem scharfen und normalerweise sehr intensiv schmeckenden Caglio di capretto verfeinerte Pasta schmeckte. Und das rohe Schafsfleisch war ein Gedicht an Zartheit und Aromen. Beides zusammen ergab ein ganz neues, tolles Geschmackserlebnis. Und auch bei der Pasta mit Bottarga und Pistaziencreme war die Überraschung groß. Ich esse die Bottarga-Pasta gerne traditionell ohne jedwede weitere Zutat (außer einem sehr guten Olivenöl natürlich), aber hier waren die Zutaten, zu denen auch Frühlingszwiebeln gehörten, nicht störend, sondern ergänzten sich gut mit der zweiten Hauptzutat, den Pistazien. Das Gericht war unerwartet harmonisch und lecker.
Eine kleine Überraschung am Rande: Zur Pasta mit Bottarga und Pistaziencreme wurde ein neu auf den Markt gebrachter Nuragus serviert. Ich mag Weine aus der Nuragus-Rebe sehr gern, aber leider sind nicht viele gute Nuragus-Weine auf dem Markt. Der hier präsentierte ist ausgesprochen gut und kommt auch noch aus dem gleichnamigen Dorf Nuragus in der Marmilla. Der Wein hat mir so gut geschmeckt, dass ich gleich nach der Show zum Stand der Cantina SOI gegangen bin, die eine der 40 Teilnehmer an der großen Degustation anlässlich des Festivals „international wine & food Cagliari“ war. Zwei Flaschen dieses neuen Weins habe ich mit nach Hause nach Cabras genommen. Vielleicht wird dieser Nuragus ja meine ganz persönliche Weinpalette erweitern.
Text und Foto: Hans-Peter Bröckerhoff
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