Um den Seeigel in Sardinien zu schützen und langfristig zu erhalten, ist deren Fang an den sardischen Küsten vom Januar 2022 bis April 2024 verboten. Das hat gerade das Regionalparlament Sardiniens in Cagliari beschlossen. Konkret gilt das Verbot für das Sammeln, Transportieren und Vermarkten dieser Meeresfrüchte. Als Grund für diese drastische Maßnahme wurde „die Gefahr des lokalen Aussterbens des Bestandes angesichts der massiven Entnahmen im letzten Jahrzehnt“ genannt.
Für die auf den Seeigel-Fang spezialisierten Fischer und für diejenigen, die die delikaten Seeigeleier pur oder mit Spaghetti gerne essen ist diese Entscheidung ein harter Schlag. Aber in der Tat leidet die Seeigel-Population in Sardinien schon seit längerem unter der extrem starken Befischung für gastronomische Zwecke. Schon im vorletzten Jahr hatten viele sardische Gastronomen Seeigelgerichte demonstrativ von den Speisekarten gestrichen, um ein Zeichen zu setzen. Einige hatten sogar Spaghetti mit Fake-Seeigel-Soße (hier das Rezept) angeboten. Sie wollten zeigen, dass man, um die Art zu schützen, nicht gänzlich auf den (zumindest ähnlichen ) Geschmack dieser Meeresfrüchte verzichten muss.
Traditionell ist das Sammeln von Seeigeln lange Zeit ein Wintervergnügen vieler an den Küsten lebender Sarden gewesen. Diese Meeresfrüchte, bei denen man nur die Eier/Rogen isst, wurden meist noch am Strand aufgeschnitten und die Rogen heraus gelöffelt. Zusammen mit Brot und einem Glas Wein war das ein ganz besonderer Genuss. Oder man nahm ganze Seeigel mit nach Hause und bereitete mit den Rogen eine leckere Pasta zu oder fror die Rogen ein, um sie später zu verwenden. Das ging auch über lange Zeit gut, weil der Fang nur für den privaten Verzehr für die Seeigel-Population keine große Gefahr war, es war ein nachhaltiger Umgang mit der Ressource.
Durch die übermäßige professionelle Fischerei und zusätzliche durch Wilderei sind die Bestände der Seeigel in Sardinien sehr gefährdet.
Je mehr jedoch die Gastronomie Seeigel anbot und deren Rogen für Gerichte verwendete, desto mehr entwickelte sich der professionelle Seeigelfang zu einer Gefahr für den Bestand der Art. Insbesondere in Cagliari entstanden, zusätzlich zur normalen Gastronomie, bei der Seeigel-Gerichte auf der Karte standen, Restaurants, die sich ganz und gar auf diese Delikatesse spezialisierten.
Es entwickelte sich eine große professionelle Seeigel-Fischerei, die riesige Mengen von diesen schwarzen stacheligen Tieren aus dem Meer holte. Auch die Einführung von Fangquoten konnten die zunehmende Überfischung nicht verhindern, zumal auch die illegale Fischerei zunahm. Schließlich werden für diese Delikatesse hohe Preise gezahlt. Versuche, Seeigel zu züchten, befinden sich dagegen noch im Versuchsstadium.
Ein solches Moratorium, wie es jetzt beschlossen wurde, war von Naturschützern und besorgten Bürgern lange gefordert worden. Nun hat die sardische Regionalregierung den Forderungen nachgegeben und zugleich mit dem Fangverbot auch ein finanzielles Unterstützung-Programm für die betroffenen (legalen) Seeigel-Fischer beschlossen.
Es bleibt zu hoffen, dass das Moratorium ausreicht, um die Seeigelbestände wieder zur alten Größe anwachsen zu lassen. Dann können auch die Feinschmecker ab dem Winter 2024/2025 wieder mit gutem Gewissen Seeigelrogen geniessen.
Text: Hans-Peter Bröckerhoff
Bilder: Anna Schmitt, Screenshots aus sardiniapost.it und lanouvasardegna.it
Hinweis
Hier gibt es einen größeren Artikel zum Thema mit Hintergründen und Einordnungen:
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