Nigella Lawson gehört zu den Superstars unter den Fernsehköchen und in einer ihrer Sendungen zeigt sie, wie man eines der wichtigsten Gerichte der sardischen Küche, die Fregola mit Arselle (bzw. Vongole verace) zubereitet. Das obige Video zeigt einen Auszug aus der Sendung, die am 29. Juni um 19:30 Uhr auf RTL-Living gezeigt wurde. Eigentlich ist es sehr erfreulich, dass dieses leckere sardische Gericht ein so großes Publikum bekommt. Nur: Leider macht Nigella Lawson so gut wie alles falsch. Was sie da vor den Augen der Zuschauer kocht und wie sie es kocht, hat mit dem Originalrezept nicht mehr viel zu tun.
Sicherlich gibt es für viel traditionelle sardische Gerichte Varianten. Es ist oft schwer zu sagen, was wirklich die Originalversion ist. Deshalb sollte man vorsichtig sein mit dem Vorwurf, dass eine bestimmte Variante nicht mehr sardisch oder falsch ist. Hier aber wird wirklich so viel falsch gemacht, dass die Kritik angebracht ist.
Was sind die „Fehler“ bzw. die Abweichungen vom Originalrezept?
Gegenüber dem Originalrezept wird so viel verändert bzw. falsch gemacht, dass die einzelnen Schritte und die Kritik daran in Form einer Aufzählung dargestellt werden.
- Es beginnt schon mit dem Sofritto (angedünstete Kräuter und Gewürze). Nigella nimmt Zwiebeln, die aber hier nicht rein gehören, denn sie überlagern den feinen Geschmack der Arselle. Das Sofritto im Originalrezept besteht einfach nur aus Knoblauch und Petersilie (welche Nigella erst ganz zum Schluss dazu gibt).
- Nigella gibt statt der Tomaten (im Sommer schöne reife frische und ansonsten Polpa oder Passato aus der Konserve) Tomatenmark aus der Tube dazu. Geht gar nicht! In alten Rezepten findet man auch getrocknete Tomaten als Ersatz für die frischen, aber kein Konzentrat aus der Tube.
- Dann schüttet sie Hühnerfond an. Wie sie darauf kommt, bleibt ein Rätsel. Wenn überhaupt Fond dann Fischfond, der den Meeres-Geschmack der Muscheln unterstreicht. Das Originalrezept verzichtet ganz auf Fond oder Brühe. Hier wird der gefilterte Muschel-Sud und Wasser verwendet. Aber auch auf Sardinien wird teilweise statt Wasser Fumetto (Fischfond) angeschüttet.
- In die (durch das Tomatenmark leicht rötlich gefärbte) Brühe schüttet sie Wermut. Brrrr, was soll das denn? Eigentlich kommt kein Wein an das Gericht. Aber wenn, dann Weißwein (Vermentino oder Vernaccia di Oristan0). Und der wird auch nicht in die Flüssigkeit gegeben, sondern vorher zum Ablöschen benutzt.
- Dann gibt sie die Fregola in die kochende Brühe und lässt sie garen. Falsch, zuerst kommen die Muschel rein.
- Bei den Muscheln hat sie vergessen, diese vorher schon zu öffnen. Sie sagt auch nichts dazu, ob die Vongole/Arselle vorher im Wasser „spucken“ konnten, das heißt den Sand, den sie enthalten (schließlich leben sie unterm Sand) zumindest teilweise aus den Schalen heraus zu lassen.
- Nigella gibt die Muscheln einfach so zu der fertig gegarten Fregola. Schließt den Deckel und meint, das Gericht sei in wenigen Momenten fertig. Die Muscheln brauchen aber durchaus einige Zeit, um richtig zu garen. Und wenn man sie zu der schon gegarten Fregola gibt, wird diese zu lange gekocht und zu einer einzigen Pampe.
Als sie den Deckel anhebt, sieht alles sehr schön aus, ob es aber auch gut schmeckt? Und ob es nicht dauernd zwischen den Zähnen knirscht, weil der Sand der Muscheln sich bemerkbar macht? Darüber erfährt man im Video nichts mehr.
Insgesamt entsteht bei Nigella Lawson der Eindruck, dass sie ein sardisches Gericht kocht. In Wirklichkeit stimmen nur die beiden Hauptzutaten, die Fregola und die Vongole verace. In dem Video ist die Zubereitung von Nigella Lawsons Fregola mit Vongole zu sehen – aber nicht die des traditionellen sardischen Gerichtes Fregola con arselle. Das sollten diejenigen wissen, die das Video anschauen. Dann können sie entscheiden, welche Version sie nach kochen wollen.
Link zum Originalrezept auf dieser Website
Text: c) Hans-Peter Bröckerhoff
Screenshots: RTL Living
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