Was für eine Geschichte! Auf dem lange brachliegenden und verfallenden Gelände einer früheren Großgärtnerei entsteht neues, quirliges Leben. Verantwortlich dafür ist, nicht allein, aber doch vor allem das hochmoderne Restaurant Ros’e Mari. Ich hatte schon von diesem neuen Restaurant in Donigala Fenugheddu, einem Ortsteil von Oristano, gehört. Nun wollte ich es selbst kennen lernen und natürlich auch „testen“. Was ich zu sehen bekam, war ein riesengroßes, sehr modernes, im guten Sinne stylisches und junges Restaurant mitten im Nirgendwo.
Das Restaurant Ros’e Mari (Sardisch für Rose und Meer) ist mehr als nur ein Ort, wo man gut essen kann. Es ist Teil eines umfassenden Entwicklungsprojekts: Auf dem großen Gelände der früheren Gärtnerei voller alter Sträucher und Bäume und zahlreicher, teils noch verfallener Gewächshäuser soll nach und nach ein moderner Ort der Begegnung entstehen. (Ros’e Mari Farm & Greenhouse). So jedenfalls ist der Plan des Unternehmerpaars Lucia Schirru und Gian Michele Pilo, den neuen Besitzern dieser ehemaligen Gärtnerei.
Das hochmoderne Restaurant Ros’e Mari als Highlight des ganzen Projekts
Die beiden couragierten Investoren haben das Potenzial dieses verlassenen Ortes erkannt und gemeinsam mit ihrem Neffen Davide Schirru dort zunächst einen Gemüseanbau aufgebaut. Davide hatte ich schon vor zwei Jahren kennen gelernt, als ich in der irrigen Annahme, die alte Gärtnerei existiere noch, dort Blumen kaufen wollte. Er verpackte dort mit einem kleinen Team Tomaten und erklärte mir, dass die alte Gärtnerei schon längere Zeit geschlossen sei und auf dem Gelände nun wieder neues Leben entstehen solle, ohne allerdings die Pläne im Einzelnen schon preiszugeben.
Mittlerweile sind neben dem Gemüseanbau auch wieder Aktivitäten im Bereich Zierpflanzen und Gartenbau aufgenommen worden. Man kann dort also auch wieder Pflanzen kaufen. Das Highlight ist allerdings das neue Restaurant. Es wurde in eine riesige Halle eingebaut, in der früher der Maschinenpark der alten Gärtnerei untergebracht war. Die Halle ist sehr gelungen modernisiert worden. Eine lange Glasfront nimmt das Thema Gewächshaus auf und auch in den Innenräumen spielen Pflanzen eine dekorative Rolle.
Vom Ambiente her kann das neue Restaurant durchaus mit so manchem, in einem altem Fabrikgebäude entstandenen Großstadt-Restaurant mithalten. Trotz der enormen Größe haben der eigentliche Gastraum und die Terrasse eine gemütliche Atmosphäre. Ein zweiter, größerer Gastraum hat mehr den Charakter eines Saales, hier können auch Hochzeiten, Jubiläen und sonstige Feste gefeiert werden. Die Ausrichtung von Events spielt für Ros’e Mari insgesamt eine große Rolle. In diesem Sommer fand vor dem Restaurant sogar ein großes Konzert im Rahmen des Festivals Dromos statt.
Von der abgelegenen Gärtnerei zum gastfreundlichen Ort für Begegnung, Erlebnis und kulinarischen Genuss
Zukünftig soll hier auf dem Gelände auch noch ein Gästehaus oder Hotel entstehen. Das erzählen mir die Besitzer nicht ohne Stolz, denn die Möglichkeit, hier auch Gäste zu beherbergen, wird ihrer Meinung nach ihr Konzept erst wirklich abrunden. Accolienza, Gastfreundschaft, ist ihr zentrales Anliegen. Wer hierher kommt, soll nicht nur seinen Hunger stillen können, sondern Erlebnis, Begegnung und Entspannung finden.
Es ist allerdings gar nicht so einfach, diesen abgelegenen Ort zu erreichen, auch wenn große Schilder dabei helfen, auch das letzte Stück der Anfahrt (eine „strada bianca, ein Feldweg) zum Gärtnereigelände, zu meistern. Dennoch ist das Restaurant seit seiner Eröffnung sehr gut besucht, oft sogar ausgebucht. Noch sind die Besucher zum größten Teil Einheimische, denn bei den Touristen ist es noch gar nicht so sehr bekannt. Aber das wird sich sicherlich schon ab der nächsten Saison ändern.
Nicht nur der Ort ist sehr ungewöhnlich und attraktiv, auch das Restaurant selbst arbeitet absolut auf der Höhe der Zeit. Dafür sorgen auch Restaurantdirektor Antonello Procida, der eine reiche Gastronomieerfahrung einbringt, und sein junges, professionelles Team. All das und das spürbare Engagement der aktiv mitwirkenden Investoren hat aus der alten Gärtnerei eine, wie es heute heißt, „angesagte Location“ gemacht.
Gehobene Küche mit neu interpretierten Klassikern und kreativen Neuentwicklungen
Im Ros‘ Mari wird eine gehobene Küche angeboten. Die Gerichte werden in einer hochmodernen, offenen Küchebereich, praktisch vor den Augen der Gäste, zubereitet. Die Speisekarte ist nicht sehr groß, wird dafür aber regelmäßig erneuert. Sie bietet eine gute Mischung aus Fleisch- und Fisch-Gerichten. Und abends gibt es auch Pizza.
Der Küchenchef Tiziano Vacca setzt auf den Einsatz regionaler Produkte von hoher Qualität. Und er verwendet natürlich auch das Gemüse aus dem Anbau auf dem hauseigenen Gelände. Wein, Bier, Wurstwaren und Käse stammen meist von angesehenen regionalen Produzenten. Man bekommt im Ros’e Mari also sehr viel Sardinien auf den Tisch, auch wenn die Küche nicht die üblichen traditionellen Gerichte der sardischen Küche anbietet. Sie interpretiert einerseits Klassiker neu, wie etwa das Filetsteak mit einer Reduktion aus Angela Ruju, einem der bekanntesten sardischen Dessert-Weine, und bietet andererseits auch neue, kreative Gerichte an, wie zum Beispiel die „Velutata di finocchio, ricci e liquirizia“ (Fenchelcreme-Suppe mit Seeigel-Rogen und Lakritzpulver).
Das Rezept für diese ungewöhnliche Suppe hat die Besitzerin Lucia, die selbst auch gerne und gut kocht, in die Küche gegeben. Das Gericht besticht durch den spannenden Kontrast der drei intensiven Geschmacksträger Fenchel, Seeigel-Rogen und Lakritz. Ich habe es mit Genuss gegessen.
Kreativität zeigt die Küche auch bei den Desserts. So bekommt man beim „Tris della tradizione“ unter anderem ein Mostacciolo (traditionelles Gebäck aus Oristano) serviert, in dem eine mit Vernaccia di Oristano gefüllte Pipette steckt. Den Vernaccia spritzt man in den Mostacciolo und bekommt so eine zusätzliche Geschmacks-Kombination. Die Idee ist pfiffig und nimmt eine Tradition der Gegend um Oristano auf. Dort wurden die Mostaccioli nämlich oft mit einem Gläschen Vernaccia di Oristano serviert und vor dem Verzehr in diesem besonderen Wein getunkt.
Ein gelungener Start mit hoffentlich langfristigem Erfolg
Alles in allem ist das Ros’e Mari eine hochinteressante Neueröffnung, die das kulinarische Angebot Sardiniens bereichert. Da ich das Glück habe, nur wenige Kilometer von dieser neuen „angesagten Location“ entfernt zu wohnen, werde ich öfters mal dort vorbeischauen und verfolgen, ob sich der erfolgreiche Start zu einem kontinuierlichen Erfolg entwickelt. Zu wünschen ist es den mutigen Investoren und natürlich auch den kulinarisch interessierten Menschen, die hier im Westen der Insel wohnen oder ihren Urlaub verbringen.
Impressionen von Restaurant und Gerichten
Eindrücke vom Gelände
Text: Hans-Peter Bröckerhoff
Fotos: Hans-Peter Bröckerhoff, die beiden Fotos von den Investoren: Ros’e Mari Farm & Greenhouse
Informationen und Daten zum Restaurant
Adresse: Loc. Pauli Cannedu Donigala Fenughedu 09170 Oristano, Sardinien
Öffnungszeiten:
- Montags, Mittwochs, Donnerstags, Freitags und Samstags nur abends.
- Sonntags Frühstück, Brunch und nachmittäglicher Aperitif, aber kein Abendessen.
- Dienstags Ruhetag.
Onlineauftritt:
- Auf der FB-Seite Ros’e Mari Farm & Greenhouse wird das Restaurant recht gut beschrieben. Auch eine Speisekarte ist abrufbar, allerdings ohne Preise.
- Infos gibt es auch auf Instagram.
- Eine eigene Website, auf der langfristig und strukturiert die nötigen Infos zur Verfügung gestellt werden, ist in Arbeit.
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