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Unappetitlich? – Reaktionen auf das Bild zum Beitrag zu Lamm und Zicklein

Letzte Woche habe ich hier auf der Website den Beitrag zu sardischem Lamm und Zicklein eingestellt. Um möglichst viele interessierte Leserinnen und Leser darauf aufmerksam zu machen, habe ich den Link zum Beitrag auf Facebook auch in den beiden Gruppen „Sardinien“ und „Sardische Rezepte“ gepostet – mit dem Beitragsbild und dem Text „Glücklich die, die im Winter und Frühjahr auf der Insel sein können. Sie haben die Gelegenheit, das original sardische Milchlamm oder ein Milchzicklein zu essen. Ob vom Grill oder „in umido“ nach einem der vielen traditionellen Rezepte, es ist immer ein Genuss.“.

Überraschenderweise gab es in beiden Gruppen, insbesondere aber in der Gruppe „Sardinien“, kritische Kommentare, die zu einer richtigen kleinen Diskussion führten.

Vor allem das Bild war umstritten. Es wurde als „unappetitlich“ und „echt grausig“ bezeichnet. Einmal hieß es :“Ich esse keine Kinder.“ Und zweimal wurde sogar betont, es sei „nicht gut, das Bild auf Facebook zu posten“. Ich hatte solche Reaktionen nicht erwartet, weil für mich das Bild von Metzgerständen, wo Lammhälften und ganzen Milchschweinchen hängen, auf Sardinien etwas ganz Normales ist. Das Bild, das im Mercato San Benedetto in Cagliari aufgenommen wurde, soll niemanden provozieren. Es soll vielmehr die Bedeutung von Lamm- und Zicklein-Gerichten auf der Insel unterstreichen. Schließlich sind diese auf Sardinien außerordentlich beliebt.

Lamm und Zicklein (wie auch Milchschweinchen) sind für fast alle Sarden ein Festessen.

Sie werden – insbesondere am Spieß gegrillt – vor allem zu den Festtagen zubereitet. Wer einmal zu Weihnachten oder Ostern auf der Insel war und dort sardische Freunde hat, konnte sicherlich schon davon kosten. Es gibt eine Jahrhunderte alte pastorale Tradition und Kultur auf der Insel, wo immer noch mehr als drei Millionen Schafe gehalten werden. Das Milchlamm hat heute sogar eine geschützte Herkunftsbezeichnung und ist als „Agnello Sardo Igp“ eines der wichtigen landwirtschaftlichen Produkte Sardiniens. Deshalb gehört das Schlachten, Verkaufen und Essen von Lämmern (die auf Sardinien traditionell Milchlämmer sind und nicht wie bei uns im Norden fast ausgewachsene Böcke) zum normalen Alltag. Die Menschen haben dort meist auch noch eine sehr natürliche Beziehung zu diesen Tieren und auch zum Essen dieser Tiere.

Natürlich bleibt es jedem überlassen, was er gerne isst oder nicht. Und wer auf Fleisch verzichten will, kann das gerne tun. Aber wollen wir aus dem Norden, die wir oft den Kontakt zu dem, was wir essen, verloren haben, den Menschen auf der Insel jetzt sagen, dass das, was sie gerne essen, “unappetitlich” aussieht? Das wäre sicherlich mehr als überheblich. Außerdem dürfte es so sein, dass den meisten Sarden, die vor so einem Metzgerstand mit Lammhälften und Schweinchen stehen, der Appetit kommt und nicht vergeht.

Die traditionelle sardische Küche ist sehr stark durch Fleischgerichte geprägt.

Deshalb werde ich hier auf der Website noch oft Bilder mit Fleisch zu Beiträgen stellen. Ich halte das auch weiterhin für absolut O.K. und freue mich, dass sich in den Kommentaren auf Facebook auch viele Stimmen finden, die das bestätigen. Mehrere Diskussionsbeiträge weisen auf die Normalität solcher Bilder auf der Insel hin und zweigen kein Verständnis für die Zensurwünsche, die bei einigen Kommentaren mitklingen.

Ein Gedanke vielleicht noch: Die Lämmer und Zicklein, die in Sardinien geschlachtet werden, und auch ein Gutteil der Schweinchen, werden sehr artgerecht aufgezogen, was man von den Tieren, die bei uns im Norden geschlachtet werden, meist nicht sagen kann. Denn bei uns wird der größte Teil des Fleisches industriell (mit Massentierhaltung und Fließbandschlachtung) und außerhalb des Blickfelds der Menschen produziert. Eine artgerechte und im Alltag eingebettete Tierhaltung begünstigt vielleicht auch einen unkomplizierten Umgang mit dem Schlachten und dem Fleisch, wie er auf Sardinien noch vorherrscht. Mein Vater schlachtete unsere Hühner und Kaninchen noch selbst, deshalb war der Anblick von toten Tieren, die zum Essen bestimmt waren, für mich immer etwas ganz Normales. Ich wusste, wo der Kaninchenbraten oder das Suppenhuhn herkamen. Eigentlich schade, dass die meisten jungen Leute heute nicht mehr wissen, wo das Fleisch auf ihrem Teller her kommt.

 

Text: Hans-Peter Bröckerhoff

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2 Kommentare

  1. Tja, es ist für uns mittel- und Nordeuropäer vielleicht schockierend diese kleinen Tiere am Haken zu sehen. Doch interessiert es uns keinen Deut, wie es den Kälbern geht, die von der Milchkuh (Mutter) getrennt werden. Was in den Schlachthöfen abläuft, will niemand sehen. Eseen tut man hingegen gerne auch wenns Kalbfleich ist und Butter, Milch und Sahne in rauhen Mengen…
    Die andere Seite Sardiniens ist, dass man noch von der Nase bis zum Schwanz alles isst, was man hierzulande Naserümpfend ablehnt. Da darf dann gerne das ganze Tier für ein Paar Steaks und das Filetstück sterben, das junckt keinen…
    Aber eben, man sieht es halt nicht.

  2. MIR LÄUFT DAS WASSER IM MUNDE ZUSAMMEN BEI SOLCHEN BILDERN. LECKER UND APPETITTANREGEND:
    MIAM MIAM: FAHRE DIESEN HERBST WIEDER NACH SARDINIEN UND FREUE MICH SCHON AUF DIE LECKEREIEN.

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