Anzeige
StartHPs sardisch-kulinarisches TagebuchSlow Food Sardegna, Su Filindeu und der sensationell authentische Agriturismo Testone

Slow Food Sardegna, Su Filindeu und der sensationell authentische Agriturismo Testone

Schon der Weg zur ersten Jahresversammlung von Slow Food Sardegna war etwas Besonderes. Die letzten 20 Kilometer führten weitgehend über enge Straßen, durch dichte Kork- und Steineichenwälder, vorbei an steinigen Weiden, riesigen Granitfelsen und frühlingshaft hochgewachsenem Grün an den Straßenrändern. 20 Kilometer, die über eine Höhe von mehr als 800 Metern führten und auf denen mir nur ein einziges Auto begegnete (auf dem Rückweg sogar gar keines).

Auch der Ort selbst, den die Verantwortlichen für die Versammlung von Slow Food Sardegna gewählt hatten, fiel aus dem Rahmen. Es war ein weitab von den normalen Touristenströmen gelegener Agriturismo, einer, der dem Konzept der Ferien auf dem Bauernhof in ganz besonderer Weise entspricht: der Agriturismo Testone.

Dieser wurde von Sebastiano Secchi, einem der Pioniere der sardischen Agriturismo-Bewegung gegründet und liegt mitten im Nirgendwo, in der fast unbewohnten Gegend zwischen Nuoro und Benetutti. Er ist bis heute ein echter Bauernhof (was durchaus nicht bei allen sardischen Agriturismi der Fall ist). Die Azienda Agrituristica Testone erzeugt, verarbeitet und vertreibt zahlreiche Produkte: Milch, Käse, Joghurt, Schinken, Wurst, Wein und Honig. Zudem beherbergt sie Touristen und ist ein gesuchter Ort für Veranstaltungen, bei denen viele Gäste bewirtet werden müssen.

Es ist alles vorbereitet für den großen Pranzo im Agriturismo Testone

Dass der Agriturismo Testone letzteres hervorragend kann, bewies der große Pranzo im Anschluss an die Versammlung und die Präsentation der Herstellung der berühmten Pasta Filindeu. Gut siebzig Leute konnten die rustikalen, aber zugleich sehr schmackhaften Gerichte genießen, die der Agriturismo anbietet. Schon deshalb lohnte es sich, den langen Weg auf sich zu nehmen.

Erste Jahresversammlung von Slow Food Sardegna

Aber nun zum eigentlichen Anlass meiner Fahrt ins Nuorese. Ich bin seit vielen Jahren Mitglied bei Slow Food Italia und gehöre zur Condotta (so werden die örtlichen Einheiten genannt) Terre Oristanese. Eine regionale Organisationseinheit der italienischen Slow Food Organisation (die selbst wieder Teil einer internationalen Bewegung ist) gab es bis zum letzten Jahr nicht. Erst im Juni 2023 hatten die lokalen Einheiten sich ein gemeinsames regionales Dach geschaffen, um sardinienweit die verschiedenen Aktivitäten zu koordinieren.

Viele Mitglieder von Slow Food Sardegna hatten den teils langen Weg zur Jahresversammlung auf sich genommen, die vom Vertreter der Gastgeber-Condotta Nuoro, Gianfranco Sotgiu, eröffnet wurde.
Präsidiumsmitglied Raimondo Mandis von der Condotta Cagliari berichtet über die Planungen der Condotta
Regional-Präsident von Slow Food Sardegna Valerio Taras in der Diskussion mit den Delegierten und Mitgliedern

Der Regional-Präsident von Slow Food Sardegna Valerio Taras blickte auf die vergangenen Monate zurück, die stark noch vom Aufbau der regionalen Organisationseinheit geprägt waren, und stellte die Vorhaben für das laufende Jahr vor. Darauf hier im Einzelnen einzugehen, würde den Rahmen dieses Tagebucheintrags sprengen. Aber soviel doch: Die vorgestellten Aktivitäten und die nachfolgende Diskussion stimmten mich persönlich recht optimistisch und ließen die Bildung der Regional-Organisation sinnvoll erscheinen. Von der neuen regionalen Organisationseinheit ist sicher noch einiges an Aktivitäten rund um die Themen gutes und nachhaltig produziertes Essen, Biodiversität sowie Erhaltung und Förderung örtlich wichtiger Tier- und Pflanzenarten zu erwarten.

Eine der ersten Aktionen war im vergangenen Jahr die Anerkennung der ursardischen Schweinerasse „Suino sardo“ als Presidio Slow Food. Ich habe auf dieser Website darüber berichtet. Und eines der Vorhaben für dieses Jahr ist die Aufnahme einer weiteren sardischen Spezialität in die Liste der schutz- und förderwürdigen Lebensmittel, eben der Presidi. Es wird daran gearbeitet, die einzigartige Nudelsorte Su Filindeu zum Presidio Slow Food zu machen.

Su Filindeu – Attraktion der Veranstaltung und vielleicht nächstes Presidio Slow Food in Sardinien

Deshalb fand die Versammlung im Nuorese statt. Denn Su Filindeu (hier mehr dazu auf der Website) ist eine Spezialität aus Nuoro und Umgebung und eine der wenigen Personen, die diese Nudelsorte noch herstellen können, ist Paola Abraini, die eng mit dem Agriturismo Testone zusammenarbeitet. Sie liefert diese fein geflochtene Pasta nicht nur hierher, sie präsentiert hier auch des Öfteren ihre Kunst. So auch wieder nach dieser Versammlung von Slow Food Sardegna.

Paola Abraini ist übrigens auch die Protagonistin in dem Video zum Thema Filindeu, das schon seit Langem zu den am meisten angeklickten Beiträgen auf der Website gehört. Sie war wieder voll bei der Sache. Man merkte ihr – wie auch die Bilder oben zeigen – an, dass es ihr Spass macht, ihr Können zu zeigen und zu erklären.

Die Zubereitung dieser außergewöhnlichen Pasta ist eine ganz spezielle: Sie wird zusammen in einer starken Fleischbrühe (überwiegend von Schafsfleisch gekocht) und zusammen mit sehr jungem, leicht gesäuertem Schafskäse (der gleiche, der auch in die Seadas kommt) serviert. Ich mag diese außergewöhnliche Minestra sehr gern und habe sie auch dieses Mal wieder genossen. Denn Su Filindeu war natürlich Teil des großen Pranzo, der sich an die Präsentation der Nudel-Herstellung anschloss.

Es war ein informativer und kulinarisch erlebnisreicher Ausflug ins Nuorese. Ich war, als ich abends wieder zu Hause in Cabras ankam, froh mich auf den Weg gemacht zu haben. Vielleicht fahre ich ja eines Tages wieder dorthin, um die Gegend besser zu erkunden und nochmals im Agriturismo Testone zu essen.

Übrigens

Der Agriturismo Testone ist kein Restaurant im üblichen Sinne, sondern setzt seine Küche nur in Betrieb, wenn Übernachtungs-Gäste da sind und/oder wenn sich größere Gruppen ansagen. Deshalb unbedingt anrufen, fragen, ob geöffnet ist und ggfs. reservieren.

Agriturismo Testone
Website des Agrituismo Testone

Text und Bilder: Hans-Peter Bröckerhoff

Der Newsletter von Sardinien-auf-den-Tisch hält Sie auf dem Laufenden. Aktuelles, Neues auf der Website, Menü des Monats …

Melden Sie sich an:

Sie möchten vorher wissen, was Sie erwartet? Hier finden Sie das Newsletter-Archiv. Schauen Sie einfach mal rein.

Hans-Peter Bröckerhoff
Der Herausgeber dieser Website ist der Journalist und Kommunikationsberater Hans-Peter Bröckerhoff. Er ist zudem Autor des Buches "Die Küche Sardiniens – Ein kulinarisches Erlebnis im Urlaub und zuhause".

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Anzeige

Mehr TagebuchEINTRÄGE

Sardisches Milchlamm – Zweierlei vom Lamm aus Cabras

In diesem Eintrag in HPs sardisch-kulinarisches Tagebuch geht es um ein sardisches Milchlamm und die persönlichen Erfahrungen des Autors mit dessen Zubereitung für eine Runde...

Fav’e lardu – großes Saubohnen-Essen zum Abschluss des Karnevals in Mamoiada

In diesem Jahr sind wir am Karnevalsdienstag nach Mamoiada gefahren. Wir wollten mal wieder die beeindruckenden Mamuthones und Issohadores, die wohl berühmtesten traditionellen Masken im...

Trattoria Ghentiana in Ruinas – vom „Geheimtipp“ zur kleinen Berühmtheit

Wie die Bar-Trattoria Ghentiana, eine kleine, sehr authentische Gaststätte in einem Sechshundertseelen-Dorf im sardischen Inland, durch Medienberichte zu einer nationalen und internationalen Bekanntheit gelangte. Vom...

In eigener Sache – Modernisierung der Website

Liebe Leserinnen und Leser, nach sechs Jahren mit demselben Design war Veränderung angesagt. Zwar sah die Website immer noch recht gut und nicht wirklich altmodisch aus,...
Anzeige

Beliebte Beiträge

Anzeige